User Experience und Customer Experience – was ist der Unterschied?
Was also ist der Unterschied zwischen User Experience und Customer Experience? Und: Ist das überhaupt wichtig?
Die exakte Definition und Abgrenzung ist mitunter tatsächlich nicht ganz einfach. Eine Aussage trifft aber weitgehend auf Zustimmung:
“User Experience beschäftigt sich vornehmlich mit einzelnen digitalen Experiences wie Websites und Apps, während Customer Experiences die Erfahrung über mehrere Touchpoints innerhalb einer Customer Journey überblickt – auch solche, die nicht im digitalen Ökosystem stattfinden. “
Das Wort Customer ist dabei übrigens breiter zu verstehen als ausschließlich die wörtliche Übersetzung von „Kund*innen“. Gerade in unserer Branche haben wir es nicht selten mit Zielgruppen zu tun, deren gewünschte Conversion nicht im Kaufabschluss mündet. Treffender wäre vielleicht also „Person Experience“ oder „Zielgruppen Experience“. Neue Wortkreationen sind allerdings selten zielführend, weswegen wir uns vornehmlich mit bekannten Wordings behelfen.
Bleibt also die zweite Frage: Ist die Unterscheidung wichtig?
Für uns als Agentur für digitale Kommunikation und Interaktion war lange Zeit klar: Unsere Aufgabe ist die Gestaltung von UX, da wir vornehmlich digitale Lösungen anbieten. Schnee von gestern oder still on point?
Wie aus einer Experience eine Omni-Channel Experience wird
Fakt ist: Jahrelang war es tatsächlich so „einfach“. Der Auftrag lautete zum Beispiel: Eine neue Website launchen. Einen Always-On Redaktionsplan für Social Media umsetzen. Ein Touchpoint – ein Auftrag – eine Experience.
So weit, so gut. Im Jahr 2023 ist das aber nicht mehr ausreichend. Warum? Die Antwort auf diese Frage findet sich wie so oft bei der Zielgruppe selbst. Und in der Komplexität der Kanäle, Devices und Medien, die sie nutzen, um mit einer Marke zu interagieren.
Nehmen wir dafür das Beispiel Online-Shopping: Lisa wird für diesen Prozess möglicherweise Tage oder sogar Wochen brauchen. Weil sie eine Ad auf Instagram auf ihrem Handy sieht. Weil sie später die Website über ihr MacBook besucht.
Weil sie eine Benachrichtigung über ihren Abandoned Cart in ihrer Mailbox findet. Weil ihr auf einer Nachrichtenseite eine Retargeting Ad ausgespielt wird, weil sie lange nicht im Shop war. Weil sie nach der Bestellung im Shop anruft, um zu erfahren, wo ihr Paket bleibt.
All diese Faktoren zahlen darauf ein, wie sie später über die Marke denkt und ob sie wieder einkauft. Wenn sie entlang ihrer Reise eine unangenehme Erfahrung macht, wird sie sich beim nächsten Mal zweimal überlegen, wieder bei diesem Shop einzukaufen. Immerhin ist der Markt übersättigt mit Anbietern gleichwertiger Konkurrenzprodukte.
Jetzt könnte man sagen: „Was hat das mit meiner Website zu tun? Das sind Dinge, die teilweise ganz woanders passieren. Auf die ich keinen Einfluss habe. Deren Abteilungsleitung mich zu ihrem Todfeind erklärt hat.“ Diese Denkweise hat lange Zeit die Isolierung von User Experience auf einzelnen Kanälen gefördert.
“Um eine strategisch geplante Customer Experience sicher zu stellen, muss die Idee einzelner Touchpoints aber überwunden werden – oder zumindest verstanden werden, dass alles zusammenhängt. Wir sprechen dabei von Omni-Channel Experiences.”
Das heißt: Im modernen Zeitalter scheinbar unendlich vieler Möglichkeiten mit Marken zu interagieren, sind nicht-lineare sowie Channel- und Device-übergreifende Customer Journeys zum Alltag geworden. Es reicht daher nicht mehr, einen einzelnen Touchpoint isoliert zu betrachten – um eine strategisch gestaltete Experience sicher zu stellen, muss der Blick über den Tellerrand hinausgewagt werden. Das bedeutet nicht, dass man jeden Touchpoint beeinflussen kann – das wäre schlichtweg utopisch. Allerdings kann eine gesamte Betrachtung der Journey helfen, Erwartungshaltungen, Informationsstand und Bedürfnisse von Nutzer*innen zu identifizieren und entsprechend am eigenen Kanal aufzugreifen.
Was eine gelungene Omni-Channel Experience ausmacht
Auch oder besonders am digitalwerk ist diese Entwicklung nicht vorbeigegangen, weshalb das Fokusthema 2023 „Channelübergreifende Customer Experience“ lautet. Im alljährlichen Summit, bei dem entwicklungsrelevante Themen geschult und erarbeitet werden, wurde daher das Thema genauer beleuchtet und erste Methoden zur Evaluierung einer gelungenen Omni-Channel Experience vorgestellt.
Unterschiedliche Methoden aus der täglichen Arbeit des digitalwerks kamen dabei zum Einsatz, wie beispielsweise die Customer Journey Map. Dabei handelt es sich um eine bildliche Darstellung einer „Reise“ einer Person bis zum Abschluss eines Tasks. Anhand einzelner Phasen (Touchpoints) wird dabei aufgezeichnet, was eine Person tut, fühlt und womit sie interagiert, bis sie ihre Reise beendet hat. So lassen sich positive und negative Erfahrungen sowie Chancen und Möglichkeiten identifizieren und konzipieren.
Wesentlich ist dabei, dass der „Task“ etwas ist, das die Person selbst definiert – zum Beispiel „Essen bestellen“. Hier zeigt sich schon der große Unterschied zur User Journey: Der Task ist nicht etwa beim Checkout abgeschlossen, sondern endet erst, wenn die Person ihr persönliches Ziel – wie etwa „nicht mehr hungrig sein“ – erfüllt hat.
Aber auch neue Methoden und Qualitätsprinzipien fanden ihren Einsatz – wie beispielsweise das „KONOK“ Modell.
Bei KONOK handelt es sich um ein Akronym der Wörter: Konsistent, Optimiert, Nahtlos, Orchestriert, Kollaborativ.
Konsistent
Die Experience ist ähnlich kohärent und wie erwartet auf jedem Channel.
Optimiert
Channel-Experiences sind auf den Kontext der Nutzung auf dem jeweiligen Kanal und Device optimiert.
Nahtlos
Übergänge zwischen Touchpoints sind einfach und ohne Reibung.
Orchestriert
Der Absender nutzt Daten, um die Bedürfnisse der Zielgruppe zu antizipieren und den richtigen Content zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen .
Kollaborativ
Die Experience wird bereichert durch die Nutzung mehrerer Kanäle zusammen, um Neues und Nützliches zu schaffen.
Warum KONOK so ein starkes Tool ist, zeigt sich in der Qualität der Parameter. Es geht nicht nur darum, einzelne Touchpoints zu optimieren – sondern diese innerhalb der Journey in Beziehung zueinander zu stellen und gemeinsame Abhängigkeiten zu verstehen. Wie etwa kann ich eine nahtlose Journey garantieren, wenn ich nicht weiß, was vor oder nach meinem Touchpoint passiert?
Mithilfe der KONOK Prüffragen lässt sich die Experience über mehrere Channel, Touchpoints und Devices hinweg kritisch beleuchten und Schwachstellen können identifiziert werden. Erst wenn diese Schwachstellen aufgedeckt wurden, können passende Optimierungsmaßnahmen erarbeitet und entwickelt werden.
Take Away
Es reicht nicht mehr aus, Experiences an einer einzigen Stellschraube zu optimieren. Vielmehr müssen wir verstehen, dass Experience nicht beim Laden einer Website beginnt und beim Klick auf die gewünsche Conversion endet. Wir müssen die Erwartungshaltung, den Wissensstand, die Motivation von Menschen verstehen, wenn sie einen Touchpoint erreichen und sich zum nächsten bewegen – und das oft nicht linear oder nur einmal.
“Um Customer Experience zu beeinflussen, müssen wir Customer Journeys holistisch betrachten, damit Chancen und Schwächen an allen Touchpoints – und dazwischen – identifiziert und optimiert werden können.”
Customer Experience ist kein Trend-Thema, das wir 2023 aufgegriffen haben. Vielmehr sehen wir in einem zunehmend komplexeren Kommunikations-Ökosystem das immer stärker werdende Bedürfnis nach einer gesamtheitlichen Betrachtung und Optimierung von Experiences. Nicht nur von unseren Kunden, sondern vor allem von den Menschen, die all unsere Lösungen letztendlich nutzen.