Vor ungefähr einem Jahr gab es im digitalwerk eine interne Storytelling Competition zum Thema „Marmorkuchen“. Die Aufgabe war eine bewusst banale: „Warum soll das digitalwerk seinen Mitarbeiter*innen wöchentlich einen Marmorkuchen bereitstellen?“ Erlaubt war dabei so ziemlich alles – von der Wahl des Mediums bis zur Argumentation durften sich die Teams völlig frei entfalten. Was hat das mit Arbeitszeit, New Work und 36 h zu tun?
Eines der Teams schaffte es, die Frage um den Marmorkuchen geschickt in eine grundlegend andere Message zu spinnen – der Marmorkuchen verkörperte die 4-Tage-Woche – und so den Slot bei der Geschäftsführung für einen ganz besonderen Denkanstoß zum Thema Arbeitszeit zu nutzen. Die Botschaft war klar: Weniger Arbeitszeit = bessere Life-Work-Balance = besserer Output. Die Geschäftsführung machte daraus keinen Arbeitskreis, stattdessen ging es sofort in die Umsetzung. Unsere Unternehmenskultur war im Rahmen unseres New Work Modells schon stark auf kein All-in, keine Anwesenheitspflicht, dafür flexible hours und Gleitzeit etc. positioniert – und hat uns gelehrt, dass neue Wege funktionieren und es wert sind, beschritten zu werden. Also nahmen wir diese Ansage der Mitarbeiter*innen ernst.
Und nicht nur unsere Mitarbeiter*innen machen klare Ansagen. Die Prioritäten und Anforderungen zukünftiger Talente aus der Gen Z und folgend machen deutlich, dass Arbeitgeber sich weiterentwickeln müssen, um die besten Talente für sich zu gewinnen – und noch viel wichtiger – auch langfristig an sich binden zu können. Tiefere Einblicke in das Mindset der Generation Z, Anforderungen an den Job der Zukunft und wie junge Mitarbeiter*innen heute ticken gibt’s im Podcast mit Florian Traintinger.
Auch für unsere Social Media Specialist Leoni sind 40 Stunden oder mehr keine Option mehr. Als Stimme einer Generation meint sie im SWR Nacht Café Interview: "Auch bei 32 h ist es möglich, seinen Job zu lieben." Die komplette Diskussionsrunde gibts hier zum Nachschauen:
Branchen-Background und rechtliche Überlegungen
Das digitalwerk unterliegt dem Kollektivvertrag „Werbung- und Marktkommunikation“, die Normalarbeitszeit beträgt in dieser Branche 40 Stunden wöchentlich. Eine überhastete Umstellung auf 32 Wochenstunden konnte man aus arbeitstechnischer und finanzieller Perspektive nicht so schnell schaffen, dafür fehlten uns Erfahrungen und Daten in Bezug auf veränderte Prozesse, Erreichbarkeit für Kund*innen und natürlich auch Wirtschaftlichkeit und Effizienz – schließlich verliert man hunderte Arbeitsstunden bei dieser Unternehmensgröße. Nicht zuletzt müssen wir uns auch um rechtliche Aspekte beim Arbeitsvertrag kümmern. Bei einer Umstellung auf 32 Stunden ist unter anderem zu bedenken, dass eine offizielle Teilzeitbeschäftigung Auswirkungen auf Pensionsansprüche etc. haben. Es war also schnell klar für uns: Eine 4-Tage-Woche kann unser langfristiges Zielsein, will aber gut durchdacht sein, damit sie für alle zum Erfolg führt.
Einige Unternehmen aus diversen Branchen proklamieren die 32 h mit freiwilligem Gehaltsverzicht oder pressen 40h in 4 Tage. Das ist zwar kurzfristig gute PR – diese Richtung wollen wir jedoch nicht einschlagen.
Unser Plan für eine gelungene Stundenreduktion
Das digitalwerk entschied sich deshalb erstmal für eine 36-Stunden-Woche bei vollem Gehalt – dieser Prozess wird dokumentiert, analysiert und mittels Surveys auch im ständigen Loop hinterfragt. In der Praxis bedeutet das, dass wir die Freitage verkürzt und eine Kernarbeitszeit von 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr (Office oder Homeoffice) eingeführt haben. In dieser Zeit sollten alle erreichbar sein, darüber hinaus kann jede*r innerhalb des Gleitzeitrahmens Beginn und Ende der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse grundsätzlich frei wählen.
Ergebnisse der ersten Mitarbeiter*innen-Umfrage:
Nach knapp 3 Monaten starteten wir die erste Mitarbeiter*innen Umfrage – hier die wichtigsten Insights:
76 % sind mit der Umstellung sehr zufrieden bzw. zufrieden und können das Arbeitspensum in 36 Arbeitsstunden unterbringen.
Wenn das Arbeitspensum nicht in den 36 h erfüllt werden kann: woran könnte das liegen?
Hier fokussieren sich die Antworten auf Urlaubsvertretungen und Vertretung bei Krankenständen – da müsste bei Urlauben noch besser geplant werden, wie zum Beispiel keine Überlappungen in den Teams.
Zur Frage der allgemeinen Zufriedenheit erreichen wir 82 % Zustimmung:
Meine allgemeine Zufriedenheit im digitalwerk hat sich seit Einführung der 36h verbessert.
Was hat sich gefühlt für einzelne Mitarbeiter*innen verbessert? Hier ist Steigerung der Lebensqualität an erster Stelle.
Das hat sich für mich zum Positiven verändert.
Kritisch sieht das Team vor allem „Schwierigkeiten am Freitag mit Kolleg*innen in Kontakt zu treten“ bzw. nehmen sie „weniger Ressourcen im Team“ wahr– hier hat uns aber auch der Hinweis erreicht, dass man an dieser Stelle nicht„nichts“ auswählen konnte und alle Mitarbeiter*innen somit gezwungen waren, etwas kritisch zu sehen. Ein Fauxpas unsererseits ;)
Das sehe ich noch kritisch.
O-Töne und Key-Takeaways der Mitarbeiter*innen
„Freitag hat sich seitdem zum Tag entwickelt, "liegen gebliebene Tasks“, die weniger Priorität hatten in der Woche, abzuarbeiten. Dieser Tag wird seitdem nicht mehr mit Kundenterminen zu gebucht und verläuft wesentlich entspannter und man hat das Gefühl, danach wirklich alles abgearbeitet zu haben für die Woche und kann wesentlich entspannter in das Wochenende starten.“
„Mir ist die Zeit, die ich durch diese Umstellung dazu gewonnen habe, sehr viel Wert und ich schätze sie unglaublich. Ich fühle mich am Montag sehr viel erholter und kann dadurch mit viel mehr Energie in die neue Woche starten. Meine Arbeit profitiert daher sehr davon. Es gibt sicher noch Verbesserungspotenzial, was die Effizienz allgemein betrifft, aber ich glaube fest an dieses Arbeitsmodell.“
Unser Fazit
Es ist vermutlich noch zu früh, um eine valide Aussage zu treffen – man sieht jedoch nach einer Steigerung der Admin-Tätigkeiten wegen der Umstellung im ersten Monat jetzt einen konstanten Rückgang der Admin-Tätigkeiten und nicht weniger wichtig: gleichbleibende Umsätze bzw. verrechenbare Leistungen. Bezüglich der Qualität konnten wir intern keine Einbußen feststellen, im Gegenteil, wir rechnen eigentlich mit einer Qualitätssteigerung – damit wir hier auch die externe Sicht in die Bewertung mitnehmen, haben wir parallel eine Kundenbefragung gestartet.